Handschriftliches auf Ansichtskarten
Die handschriftlichen Grüße und geschäftlichen Mitteilungen auf den Rückseiten von Ansichtskarten sind ein Stück authentische Zeitgeschichte und somit eine wahre Fundgrube für jeden Heimatforscher.
Auch wenn Kartengrüße an die Familie, an Freunde oder Geschäftspartner meist nur wenige Zeilen umfassen, schildern sie doch mitunter den Alltag und spiegeln das Lebensgefühl zu einem durch den Poststempel oder ein aufgetragenes Datum klar benennbaren Zeitpunkt wider. Sie sind unverfälscht und beinhalten oft Informationen, die in einer "offiziellen" Chronik oder wissenschaftlichen Abhandlung nicht zu finden sind, da diese von deren Autoren oftmals als bedeutungslos eingestuft werden.
Auf dieser Seite werden speziell die Kartengrüße veröffentlicht, die einen Bezug zum Kohrener Töpferhandwerk enthalten. Die Rechtschreibung der Kartentexte wurde nicht korrigiert.
28.10.1934
Postkarte von Unbekannt an Unbekannt (möglicherweise nur ein Teil einer längeren Schilderung über den Besuch bei der Töpferei Arnold)
ein Geschenk von Joachim Riebel / Leipzig
"Das Haus mit dem Brennofen steht seit etwa 1550. Der Brennofen hat eine 97 cm dicke Wand. Es wird alle 14 Tage gebrannt, Heizung mit Buche und Fichte. Der Ton kommt aus Colditz. Die Gefäße werden nach dem Formen getrocknet (Luft; im Zimmer oben auf den Brettern (1)), dann vorgebrannt. Sie bekommen dann die Glasurflüssigkeit (sehr schwer, weil Metalle darin (2), teuer, das Kilo 320 M, wenn Gold drin ist) aufgestrichen und werden ein zweites Mal gebrannt (3). Wenn die Hitze nicht ausgereicht hat, können sie ein drittes Mal gebrannt werden. Zur Messung der Hitze (1000°) dient ein patentierter Tonzapfen (4), der schmilzt und umfällt, sobald die ent(sch). Hitze erreicht ist (Zapfen für alle Hitzegrade)."
(1) - gemeint sind die sogenannten Trockendesen, auf der Karte gut erkennbar
(2) - Die Glasur enthält Schwermetalle, ist deshalb aber nicht schwerer - ein köstliches Missverständnis
(3) - Über die Anzahl der Brände pro Keramik gibt es in der Literatur sowie in den mündlichen
Überlieferungen und meinen Gesprächen mit alten Töpfern widersprüchliche Angaben -
hier besteht noch Forschungsbedarf. Die vorliegende unvoreingenommene laienhafte
Schilderung des Fertigungsprozesses dokumentiert eindeutig, dass zumindest bei bestimmten
Keramiken zwei oder mehr Brände durchgeführt wurden.
(4) - ein eindeutiger Hinweis auf die Verwendung sogenannter "Segerkegel"
28.10.1934
1 Jahr nach dem Kauf der oberen Karte tauchte im Internet diese 2. Karte auf.
Sie schildert die Fortsetzung des Töpfereibesuches.
ein Geschenk von Joachim Riebel / Leipzig
Vorderseite:
Unter den Gefäßbrettern ist die Tongrube (5), in der der aus Colditz kommende Ton einige Zeit
Rückseite:
liegt, bis er vom Regen nochmals durchgearbeitet ist. Er wird dann im Haus von einer Maschine mehrmals durch ein Sieb gepreßt, bis er gleichmäßig durchgearbeitet ist.
Früher wurde er getreten (6).
(5) - diese "Tonbetten" zum Sumpfen des Tons sind heute noch vor der Töpferei vorhanden
(6) - siehe "Wissenswertes ausführlich"
14.9.1915
Postkarte eines Mädchens
an die Diaconissin
Schwester Anna Lieske,
Bad Oppelsdorf bei Zittau,
Haus Hoffnung
ein Geschenk von Joachim Riebel / Leipzig
"Liebe Tante Anna! Ich bin auf unserem Klassenausflug. Es ist herrlich! Wir wollen gerade Kaffee trinken. Als Mittagessen hatten wir Brote mitgenommen. Lilos Klasse macht einen Nachmittagsspaziergang nach d. Bismarkturm. Wir haben in der Töpferei zugesehen, fast alle haben kleine Töpfchen gekauft, ich bringe Lilo vielleicht eins mit. Wir freuen uns alle sehr darauf wenn Du bald kommst. Du warst nämlich lange nicht mehr bei uns. Es grüßt herzlich Marianne"
17.7.1926
Postkarte eines Mädchens
an ihre Mutter,
Frau (Forstmeister?) Jost, Oberlößnitz bei Dresden, Reichsstrasse 20
ein Geschenk von Joachim Riebel / Leipzig
"Kohren 17./7.
Liebe Muttel, Hoffentl. geht es Euch allen gut, denn ich bin doch gespannt, ob ich noch mal ein Lebenszeichen von Euch bekomme. Wir waren gestern beim Töpfer u. haben uns alles zeigen lassen. Hrz. Gr. (Name unleserlich)"
Nachträglich überschrieben:
"Hier war ich 8 Tage lang zur Sommerfrische bei Verwandten von Ellen u. mit ihr selbst."
20.05.1925
Postkarte nach
Leipzig-Gohlis
ein Geschenk von Joachim Riebel / Leipzig
"Liebe Eltern, wir sitzen in Kohren im Restaur(ant). Hier ist es sehr schön.
Wir gehen dann in die 300 Jahr alte Töpferei. Die herzlichsten Grüße Lotti"
31.12.1926
Postkarte von
Wettengels Töpferwerkstatt
an Familie Richard Wettengel,
in Dresden (Cotta)
Gottfried Keller Straße
ein Geschenk von Joachim Riebel / Leipzig
" Die herzlichsten Wünsche zum Neuen Jahre Töpferei Wettengel "
23.3.1938
Postkarte von Max Arnold
an Albert Klepel,
Leipzig Mö.(ckern)
Kirschbergstr. 29
ein Geschenk von Joachim Riebel / Leipzig
"Lieber Kollege Klepel!
Es geht alles in Ordnung! Unsere Sachen haben wir am Dienstag abgeschickt. Wir selbst kommen am Freitag früh 9 Uhr. Mit deutschem Gruß Heil Hitler Max Arnold"
Datum unleserlich (7.5.1937?)
Postkarte von Max Arnold
an Arthur Pertzsch,
Markkleeberg I
Waldstr. 1
Arthur Pertzsch war Lebensmittelhändler
"Werter H. Pertzsch!
Die Kübel sind noch nicht fertig. Kommen Sie bitte erst wenn ich noch mal schreibe.
Mit deutschem Gruß Max Arnold"
14.5.1932
Postkarte von Max Arnold
an Max Reinhold
Altenburg (Thür.)
Wallstr. Cigarrengesch.
ein Geschenk von Joachim Riebel / Leipzig
"Die herzlichsten Pfingstgrüße sendet Familie M. Arnold"
Zum Schmunzeln:
Man konnte in Kohren
(hier speziell im Lindenvorwerk) nicht nur Keramik kaufen:
"Daselbst Hühner gekauft"
Datum unleserlich
nach Leipzig-Kleinzschocher
erworben bei einer Internetauktion
16.3.1900
Postkarte nach Hamburg
ein künstlerisch verzierter Liebesgruß von Kohren nach Hamburg